Polarisation der Aufmerksamkeit

TOTAL IM FLOW: POLARISATION DER AUFMERKSAMKEIT

Oft fällt es uns gar nicht so leicht, ohne größere Vorüberlegungen und auf „Knopfdruck“ ein komplexes Projekt zu bearbeiten. Doch dann kommt plötzlich der Moment, in dem uns diese Aufgabe ohne Anstrengung gelingt und wir immer mehr gute Ideen entwickeln. In diesem Moment wollen wir auch nicht unterbrochen werden. Dieses Phänomen beobachtete bereits Maria Montessori. Was wir heute beim Lernen oder Arbeiten als „im Flow“ bezeichnen, beschrieb Montessori als „Polarisation der Aufmerksamkeit“.
Auch Eltern bemerken diesen „Flow“. Wenn, zum Beispiel, ein Kind vertieft mit einem Spielzeug spielt und wie „in seiner eigenen Welt“ scheint. Das Kind nimmt die Außenwelt kaum noch wahr und ist ganz auf die Sache fokussiert. Oder bei einem Spaziergang sieht das Kind eine Blume oder eine Stein und beschäftigt sich eine Weile ganz vertieft damit, auch wenn Mama oder Papa mehrmals zum Weitergehen rufen.
In der Freiarbeit spielt dieses Phänomen ebenso eine wesentliche Rolle, nämlich dann, wenn sich ein Kind tief versunken mit einem bestimmten Material beschäftigt. Bemerkenswert ist dabei, dass es sich währenddessen durch nichts und niemanden ablenken lässt. Der Erwachsene muss hier die Rolle des Beobachters annehmen, da Kinder dazu tendieren, sich von Erwachsenen unterbrechen zu lassen.
Häufig wiederholt das Kind beispielsweise bestimmte Bewegungsabläufe beim Erlernen der Druck- oder Schreibschriftbuchstaben mehrmals hintereinander und beendet diesen Prozess nach einigen Abläufen selbstständig. Interessanterweise nehmen wir Beschäftigungen, die wir unter diesen Bedingungen ausführen, nicht als anstrengend wahr, sondern erleben sie als große Bereicherung und empfinden nach dem Beenden der Tätigkeit eine tiefe Zufriedenheit.
Um Kindern das Lernen nach dem Prinzip der „Polarisation der Aufmerksamkeit“ zu erleichtern, bietet die Freiarbeit den Kindern beste Bedingungen wie eine vorbereitete Umgebung im Klassenraum, aber auch viel Mitbestimmung bei der Wahl der Arbeit oder des Materials.

Christiane Schrön und Nicola Buntin

“Zu Anfang beobachtete ich die Kleine, ohne sie zu stören, und begann zu zählen, wie oft sie die Übung wiederholte, aber dann, als ich sah, daß sie sehr lange damit fortfuhr, nahm ich das Stühlchen, auf dem sie saß, und stellte Stühlchen und Mädchen auf den Tisch; die Kleine sammelte schnell ihr Steckspiel auf, stellte den Holzblock auf die Armlehnen des kleinen Sessels, legte sich die Zylinder in den Schoß und fuhr mit ihrer Arbeit fort. Da forderte ich alle Kinder auf zu singen; sie sangen, aber das Mädchen fuhr unbeirrt fort, seine Übung zu wiederholen, auch nachdem das kurze Lied beendet war. Ich hatte 44 Übungen gezählt; und als es endlich aufhörte, tat es dies unabhängig von den Anreizen der Umgebung, die es hätten stören können; und das Mädchen schaute zufrieden um sich, als erwachte es aus einem erholsamen Schlaf.”

– Maria Montessori; Schule des Kindes (1976)

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